Energiepolitischer Abend 2019

Beim Energiepolitischen Abend 2019 des VDE Lausitz diskutierten Experten über die Zukunft der Region und wie der Strukturwandel zu meistern ist.

| Volkmar Küch / VDE
21.10.2019 Veranstaltungsrückblick

Braunkohle in der Energiewende – Herausforderung für die Energieversorgung

Beim Energiepolitischen Abend 2019 des VDE Lausitz im Seehotel Großräschen sprachen rund 90 Teilnehmer über die Zukunft der Region und wie sich die Herausforderungen in der Energieversorgung meistern lassen. Der Teilnehmerkreis bestand aus Mitgliedern des VDE, Entscheidungsträgern verschiedener Unternehmen, Technikern und Politikern.

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Energiepolitischer Abend 2019

Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Gallas (mitte), Vorstandsvorsitzender des VDE Lausitz begrüßte die Teilnehmer des Abends.

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Organisiert wurde der Abend von Matthias John, Stellvertretender Vorsitzender des VDE-Bezirksvereins Lausitz. Der VDE Lausitz beschäftigt sich intensiv mit dem Strukturwandel und der Frage, wie man mit vorhandenen Ressourcen und frischem Know-how den Menschen in der Region eine neue Perspektive geben kann. Die Teilnehmer diskutierten am Abend über Themen wie Energie-Erzeugung, -Übertragung, -Verteilung, -Speicherung und letztlich von der Bewältigung der vielen technischen und regulatorischen Anforderungen der Energiewirtschaft in einer Region die mit 13.000 km2 den Süden Brandenburgs und den Osten des Freistaats Sachsens sowie Teile der polnischen Woiwodschaften Niederschlesien und Lebus umfasst. Insgesamt geht um die Versorgung von 1,3 Millionen Menschen.

Gemeinsam die Zukunft gestalten

Die Begrüßung der Teilnehmer zum Energiepolitischen Abend übernahm der Vorstandvorsitzende des VDE Lausitz, Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Gallas. Als Professor der BTU Cottbus-Senftenberg, ehemaliges Vorstandsmitglied der ESSAG sowie ehemaliger Bereichsleiter Netze der enviaM kennt er alle Akteure und auch ihre Positionen persönlich. In seiner Rede forderte er: „Wir müssen mit vereinten Kräften die Zukunft gestalten“.

Energiepolitischer Abend 2019

Matthias John, im Gespräch mit Keynote Speaker Markus B. Jaeger und Dr. Klaus Freytag, Lausitzbeauftragter des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg (v.l.n.r.)

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Keynote Speaker des Tages war Markus B. Jaeger, Leiter Politik des VDE. In seinem Vortrag machte er deutlich, dass die erforderliche technische Kompetenz bereits vor Ort vorhanden sei und dass der VDE mit seinem Potential, seiner Geschichte und letztlich seinem Selbstverständnis zum Gelingen des Strukturwandels in der Lausitz beitragen kann und will. Jaeger betonte, dass es dem VDE bis heute ein zentrales Anliegen sei, dass die Menschen mit ihren Bedürfnissen und der Fähigkeit ihre Lebensbedingungen positiv zu gestalten im Vordergrund stehen. Über 100.000 Experten seien weltweit dieser Idee verpflichtet. Heute gehe es dem VDE laut Jaeger darum, „dass im Zeitalter der Digitalisierung, der Mensch im Mittelpunkt bleibt.“ Als wissenschaftlich-technischer Verband unterscheide sich der VDE dabei grundlegend von Industrieverbänden, bei denen in erster Linie auch die kommerziellen Interessen der Mitgliedsunternehmen im Fokus stehen.

Planungssicherheit für die Region

Energiepolitischer Abend 2019

Dr. Helmar Rendez, Vorstandsvorsitzender der LEAG, forderte unter anderem mehr Engagement von den Volksparteien.

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Auch Dr. Helmar Rendez, Vorstandsvorsitzender der LEAG, sieht im Strukturwandel viele Herausforderungen. „Wir sind mit einem großen Schiff auf hoher See und bauen den Motor um“ beschrieb er in seinem Vortag die aktuelle Situation. Er forderte: „Wir dürfen das Ziel einer sicheren und preiswerten Energieversorgung nicht aus den Augen verlieren.“ Dem stehe aber gegenüber, dass Deutschland „Europameister bei den Strompreisen“ sei. Nicht gerade förderlich sei die skeptische Haltung der Deutschen zu infrastrukturellen Maßnahmen in ihrem Wohnumfeld. Das englischsprachige Akronym NIMBY (Not in my Backyard) bringe es auf den Punkt. Gesicherte Leistung gehe nicht ohne Einschränkung. Demzufolge sei es eine wichtige Aufgabe, die Akzeptanz der Bevölkerung zur Energiewende durch Kommunikation und Aufklärung zu verbessern. In seinem Fazit rief er auch die großen Volksparteien dazu auf, die Energiepolitik „von den Rändern zu holen“. Das Wichtigste sei es für die Region Planungssicherheit zu schaffen und der Lausitz ausreichend Zeit für den Transformationsprozess zu geben.

Das iPhone für die Lausitz

Energiepolitischer Abend 2019

Dr. Frank Berger, 50 Hertz Transmission GmbH, sieht in neuen Technologien einen Teil der Lösung.

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Dr. Frank Berger, 50 Hertz Transmission GmbH, stellte in seinem Beitrag den Standpunkt der Übertragungsnetzbetreiber vor. Aus seiner Sicht müssten wir bei einem zunehmend volatilen Netzbetrieb dem Thema Last mehr Aufmerksamkeit schenken. Abhängig von Sonne und Wind können starke Netzschwankungen auftreten, die sich nicht mehr auf Zuruf regeln ließen. Hier bedürfe es einer automatisierten Netzführung. Die notwendige Schwarzstartfähigkeit der Verteilnetze, die bis zu 8.000 individuelle Anschlussoption haben können, setze in einem ausreichenden Maß Speicher und Leitungen voraus. In diesem Zusammenhang bewertete er positiv, dass die Letztverbraucherabgabe rückgängig gemacht wurde.

Berger sprach auch von den Städten Cottbus und Schwarze Pumpe, die von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier als Gewinner im „Ideenwettbewerb Reallabore der Energiewende“ ausgezeichnet wurden. Sie erforschen Wasserstofftechnologien im industriellen Maßstab und Lösungen für energieeffiziente Quartiere. Hierbei werden auch Themen wie Virtuelle Kraftwerke und Powert-to-X mit einem hohen Bezug zur Sektorenkopplung und Speichertechnik adressiert. Diese neuen Technologien seien Teil der Lösung, so Berger. Er resümierte: „Wir suchen das iPhone für die Lausitz“.

Digitalisierung als Schlüssel für eine erfolgreiche Energiewende

Energiepolitischer Abend 2019

Dr. Stefan Lowis, enviaM AG , hält die Sektorenkopplung für unumgänglich.

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Im Vortrag von Dr. Stefan Lowis, Vorstandsvorsitzender der enviaM AG, ging es um die Vermeidung von Netzengpässen und Sektorenkopplung. Um die heutige Masse an Erzeugungsanlagen zu steuern, brauche es neue Strategien. Einige davon seien etwa zeitvariable Tarife oder Anlagenbetreiber mit Baukostenzuschüssen zu beteiligen. Marktbasiertes Managen von Engpässen im Verteilernetz führe außerdem zu weniger Abriegelungen erneuerbarer Energien. Lowis wies auch darauf hin, dass beim Thema Elektromobilität ein intelligenter Netzausbau erfolgen müsse. Das spare Kosten für alle. Sektorenkopplung sei unumgänglich: Die größte Energiebedarfe lägen dabei im Wärme- und Verkehrssektor. Insgesamt sieht Lowis die Digitalisierung als den Schlüssel für eine erfolgreiche Energiewende.

Stadtwerke unter Druck

Energiepolitischer Abend 2019

Michael Schiemenz, Städtische Werke Spremberg, informierte unter anderem zu den zahlreichen Auflagen für die Stadtwerke. 

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Die Perspektive der Stadtwerke vertrat beim Energiepolitischen Abend in der Lausitz Michael Schiemenz, Geschäftsführer der Städtischen Werke Spremberg GmbH. Er informierte über die zahlreichen Auflagen seiner Arbeit. Strom- und Gasnetzbetreiber seien zur Umsetzung von IT-sicherheitstechnischen Mindeststandards verpflichtet. Hierzu setzen sie Managementsysteme für Informationssicherheit (ISMS) ein. Weitere Auflagen ergäben sich aus der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und dem Technischen Sicherheitsmanagement (TSM). Diese Auflagen, verbunden mit einer Zunahme des Durchschnittsalters der Beschäftigten, der Schwierigkeit neue kompetente Mitarbeiter zu gewinnen und einer immer komplexeren Marksituation stellen Stadtwerke immer mehr unter Druck.

Viele Chancen für eine zukunftsfähige Energieversorgung

Energiepolitischer Abend 2019

Daniel Hölder, BayWa r.e. Clean Energy Sourcing, bezeichnet Wind- und Solarparks als „die neuen Arbeitspferde des Energiemarktes“.

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Daniel Hölder, Geschäftsführer der BayWa r.e. Clean Energy Sourcing GmbH sprach in seinem Vortrag über die Chancen, die sich der Lausitz im Zuge der Energiewende böten. Wind- und Solarparks bezeichnete er als „die neuen Arbeitspferde des Energiemarktes“. Hölder gab den Teilnehmern einige Beispiele für energiebezogene Zukunftsinvestitionen: Erneuerbare Großkraftwerke (Wind/Solar/Hybrid), Wasserstoffherstellung und nachgelagerte Veredelung auf Basis kostengünstigen Grünstroms, Hybrid-Kraftwerk-Systeme, schwimmende PV-Anlagen und mehr. Die Region verfüge dabei über wichtige Voraussetzungen, um sich als nachhaltiger Standort für Energieerzeugung und Industrie zu behaupten. Dazu gehören hochqualifizierte Arbeitskräfte, eine gut ausgebaute Netzinfrastruktur, Flächen, die neu genutzt werden können und industrielle Energieabnehmer.

Der Energiepolitische Abend des VDE Lausitz endete mit einer spannenden Podiumsdiskussion und einem gemütlichen Get-Together. Abschließend waren sich die Teilnehmer, die Podiumsgästen und auch die Organisatoren darin einig, dass die Veranstaltung hinsichtlich der inhaltlichen Qualität, des Formates aber auch des Praxisbezuges ein voller Erfolg war.